Dr. Ziegler: 10 Thesen zur Profession des Chief Restructuring Officer “CRO”

10 Thesen zur Profession des Chief Restructuring Officer „CRO“

Aus welchen Gründen auch immer Sie nach CRO ‚googeln‘, Sie werden auf einen talentierten deutschen Rapper mit einer Panda-Maske stoßen. Erst sehr viel später ‚findet‘ die Suchmaschine auch „Chief Restructuring Officer“. Diese Profession ist weitaus weniger glamourös als junge kreative Rapper –und das nicht nur, weil der Chief Restructuring Officer (CRO) oder Sanierungsgeschäftsführer oder Chefrestrukturierer mit offenem Visier ‚auftreten‘ muss. Aus dem Kreis der Krisen-Manager und Interims-Geschäftsführer hat sich Schritt für Schritt die Profession des CRO herauskristallisiert.

Dr. Manfred Ziegler hat Unternehmen bereits als Sanierungsgeschäftsführer in einer Zeit unterstützt, in der selbst Fachleute mit einem CRO wenig anfangen konnten. Seit über 20 Jahren übernimmt der Geschäftsführer der conzima GmbH mit Sitz im Allgäu operative Verantwortung bei der Neuausrichtung, Restrukturierung, Sanierung von Betrieben und Unternehmen. Ziegler stellt aktuell zehn Thesen zur Profession des CRO zur Debatte. Zehn Thesen, die als Kriterien für die Auswahl professioneller, umsetzungsstarker Sanierungsgeschäftsführer gelten.

1.
Das Anforderungsprofil an Sanierungsgeschäftsführer hat deutlich an Konturen gewonnen.
Manche Finanziers oder Gesellschafter haben im wahrsten Sinne des Wortes Lehrgeld bezahlt („Learning by Earning“), manche Projekte dienen als Maßstab dafür, was CROs leisten können und leisten sollen. „Die Anforderungen an CROs sind in den letzten Jahren deutlich gewachsen und mittlerweile multikomplex“, erklärt Ziegler.

 

2.
„Selbstredend muss der CRO seine Zahlenwelt zügig in den Griff bekommen und im Griff behalten. Er muss darüber hinaus eine klare Vorstellung davon haben, was diese Zahlen in der Praxis für das Geschäftsmodel, für das Unternehmen, für die Belegschaft bedeuten. Er muss die Zahlen nicht lediglich diagnostizieren, sondern diese auch mit seinem Team interpretieren, um das Geschäftsmodell anzupassen und weiter zu entwickeln“, erläutert Ziegler die multikomplexen Herausforderungen, die ein CRO zu meistern hat.

 

3.
Eigentlich ist es die klassische Managementaufgabe, das Geschäftsmodell anzupassen und weiter zu entwickeln. Allerdings falten Zitronenfalter keine Zitronen und Führungskräfte führen nicht immer, sondern repräsentieren lieber. In der ersten Führungsebene sitzen dann die Würdenträger, in der zweiten und dritten Ebene die Bedenkenträger – insbesondere bei Veränderungs- oder Transformationsprozessen. Die hohe Kunst der Führung ist gefragt, die der professionelle CRO nicht nur kennen, sondern beherrschen muss.

 

4.
Führen kann, wer klare Begriffe und Vorstellungen hat. Führen kann, wer zuhört, klare Aufgaben definiert, die dann eigenverantwortlich von den jeweiligen Projektteams umgesetzt werden. Im Dialog, nicht in Einbahnstraßen-Kommunikation, um die permanente Rückkoppelung sicherzustellen. „Führung ist untrennbar damit verbunden, Prozesse zu gestalten und umzusetzen, Mitarbeiter anzusprechen und anzuleiten, Kompetenz zu vermitteln und auszustrahlen“, so Ziegler.

 

5.
Der kompetente CRO führt durch Vorbild: „Der CRO muss sich kurzfristig einen Vertrauensvorschuss bei allen Stakeholdern erarbeiten und diesen Tag für Tag rechtfertigen“, weiß Ziegler. Seine entsprechende Kompetenz geht weit darüber hinaus, das Produkt zu verstehen. Vielmehr muss er den Markenkern, das Alleinstellungsmerkmal, das Geschäftsmodell durchdringen, um es zukunftsfähig weiter zu entwickeln. „So wichtig kurzfristige Erfolge dabei sind“, erläutert Ziegler, „letztendlich sollte das Geschäftsmodell mittel- und langfristig Bestand haben können – und widerstandsfähig sein“.

 

6.
Handlungskompetenz und Erfahrungswissen sind die beiden Seiten der Goldmedaille des CRO. „Der CRO muss sich in mehreren Geschäftsmodellen, in unterschiedlichen Branchen, Industriezweigen oder Organisationen bewegen können“, ist Zieglers Erfahrung. Wer Know-how, Fähigkeiten und Fertigkeiten aus diversen Branchen kennen und schätzen gelernt hat, der ist kompetenter Sparringspartner für die Leistungsträger im Unternehmen.

 

7.
Zum Blick über den Tellerrand hinaus und zum Anforderungsprofil des CRO gehört sein Netzwerk. Er kennt Ansprechpartner und Spielregeln sowohl auf der Finanzseite, bei Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern, die er bei Bedarf vertrauensvoll und kurzfristig ansprechen kann. Ebenso gehören zu seinem Netzwerk Unternehmerpersönlichkeiten, die mal als Ratgeber, mal als möglicher Investor in Frage kommen. „Last not least muss sich der CRO auch als trittsicher auf dem Parkett der juristischen Berater erweisen, kompetente, umsetzungsorientierte Anwälte in den verschiedenen Rechtsgebieten kennen. Dazu gehören auch die Insolvenzverwalter und das Wissen um die Chancen und Risiken eines Insolvenzverfahrens“, sagt Ziegler.

 

 

8.
Industrie und Dienstleister Deutschlands nutzen ihre Globalisierungschancen. Die Hälfte der Mittelständler ist auslandsaktiv, die Importaktivitäten haben stark zugenommen, die Auslandsumsätze sind stark gestiegen, die Eurozone ist die wichtigste Absatzregion, der Heimatmarkt. Folgerichtig muss der CRO die unterschiedlichen Kulturen in Wirtschaft und Gesellschaft verstehen: „Der CRO darf nicht ausschließlich national sondern auch international unterwegs sein“, erläutert Ziegler. „Sonst kann er die Chancen für das Geschäftsmodell, für mögliche Investoren oder Kooperationspartner gar nicht vollständig auf seinem Radarschirm haben“.

 

9.
Das Mandat als Sanierungsgeschäftsführer ist nichts für Angsthasen. Die Stakeholder erwarten, dass der Sanierungsgeschäftsführer zu seiner Herausforderung mit allen Pflichten und Rechten steht. Steht ein Unternehmen vor einem Labyrinth, dann erwartet es einen Verantwortlichen, der das Unternehmen mit Sinn und Verstand durch das Wirrwarr führt.
Die Tage, in denen Berater den Unternehmen die Blaupause für den Marsch durch den Irrgarten mit einem freundlichen „Glück auf“ in die Hand drücken, sind gezählt. Ziegler: „Sorgfältig die Strategie zurechtlegen, den Rücken gerade machen und umsetzen – das erwarten die diversen Anspruchsgruppen heute zu Recht von einem gestandenen CRO“.

 

10.
Das Hockeyschläger-Diagramm beruht auf einer 1999 veröffentlichten wissenschaftlichen Untersuchung zur globalen Erwärmung. Bei vielen Beratern war der Hockeyschläger-Effekt das Synonym für Hoffnung: in der fernen Zukunft kommt es zu einem steilen Anstieg von Umsatz oder  Gewinn. Der umsichtige CRO weiß, dass die Prozess-Dynamik nie linear verläuft, dass Auftragspipelines sich als heiße Luft erweisen, dass Stakeholder gerne das Prinzip Hoffnung leben, dass neue Strukturen, neue Prozesse, neue Teams sich einspielen müssen. Er ist auf der einen Seite Logiker, konsequenter Analytiker, der keine Scheu vor heiligen Kühen haben darf. Eben weil er um heilige Kühe, um Befindlichkeiten, Eitelkeiten, Ängste und Sorgen weiß ist er auf der anderen Seite emotional hochsensorisch. Er muss eine Antenne für wechselnde Stimmungen haben, er sollte in seinem Team Menschen haben, die hinterfragen und auch mal den Spiegel vorhalten dürfen. Und er muss entsprechend reagieren, moderieren und führen können.Im Vergleich zu jungen deutschen Rappern mit Panda-Masken sind die Aufgaben eines CRO wenig glamourös. Talent brauchen beide CROs – wie auch die Fähigkeit, sich immer neu zu erfinden und die jeweiligen Anspruchsgruppen zu faszinieren, zu überzeugen und zu unterhalten.